ReFrame ist eine modulare Struktur, die veranschaulicht, wie wiederverwendetes Holz durch digitale Entwurfs- und robotergestützte Fertigungsmethoden ein zweites Leben erhalten kann.
Das Projekt hebt sowohl das strukturelle Potenzial als auch die individuellen Geschichten hervor, die im Altholz verborgen liegen, und zeigt, wie sich dieser vermeintlich minderwertige Abfallstrom in eine wertvolle Ressource für das Bauwesen transformieren lässt.
Entwickelt wurde ReFrame am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in einer Zusammenarbeit zwischen dem Lehrstuhl Design of Structures (dos) und dem Lehrstuhl Digital Design and Fabrication (DDF). Das Projekt erforscht neue Wege, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft in digital gestützte Baupraktiken zu integrieren.
Vom Abfall zur Ressource
Ein Großteil des wiederverwendeten Holzes wird heute „downgecycelt“, also in kleinere Stücke zerschnitten und für minderwertige Anwendungen genutzt. ReFrame verfolgt hingegen einen anderen Ansatz: Das Projekt demonstriert das digitale Upcycling von kleinen Holzresten zu großformatigen tragenden Bauelementen.
Ziel ist es, das Holz so weit wie möglich in seiner ursprünglichen Form zu belassen, um seine natürlichen strukturellen Eigenschaften, geprägt durch die Fasern und deren Ausrichtung, zu bewahren.
Um die Kreislauffähigkeit zu gewährleisten, bestehen die Bauteile aus einem Monomaterialsystem. Holzverbindungen wie Nägel und Dübel ersetzen metallische Verbindungselemente oder Klebstoffe. Dadurch können die Komponenten am Ende ihres Lebenszyklus wieder in den Holzkaskadenkreislauf zurückgeführt und ihre Lebensdauer über mehrere Anwendungen hinweg verlängert werden.


Computational Design für zirkuläres Bauen
ReFrame ist als modulares System konzipiert, das in verschiedenen Konfigurationen zusammengesetzt werden kann. Während das Grundprinzip gleich bleibt, ist jedes Bauteil einzigartig. Im Mittelpunkt steht ein computergestützter Entwurfsprozess, der das Design mit dem verfügbaren Bestand an wiederverwendetem Holz abgleicht.
Jedes Stück Altholz, ob aus industriellen Verschnittresten, Paletten oder Abrissmaterial, unterscheidet sich in Abmessung und Qualität. Um diese Unterschiede zu erfassen, werden alle Elemente gescannt und digital dokumentiert. Ein speziell entwickeltes Entwurfsskript generiert anschließend mehrere Varianten triangulierter Fachwerkstrukturen. Dabei können die Verbindungspunkte innerhalb der Ebene verschoben werden, um neue Konfigurationen zu erzeugen.
Diese Varianten werden mit dem vorhandenen Materialbestand abgeglichen, bei Bedarf mit Sägewerksware ergänzt und nach struktureller Leistungsfähigkeit, Fertigungsanforderungen und Produktionszeit bewertet.
Auf diese Weise werden Zuschnitt und Verschnitt minimiert, die Nutzung von Altholz maximiert und ein modulares, aber individuell geformtes System geschaffen.





Digitale Fertigung mit wiederverwendetem Holz
Um diese Komplexität in die gebaute Form zu übertragen, verwendet das Projekt einen Industrie-Roboter auf einer Linearachse, der automatisierte Pick-and-Place-Abläufe ausführt. So können unregelmäßige Geometrien verarbeitet und leichte Verformungen, die beim Scannen nicht vollständig erfasst wurden, ausgeglichen werden. Das robotische Nageln erzeugt präzise, monomaterielle Verbindungen, die auf Geometrie und Tragwerksanforderungen abgestimmt sind. Dadurch wird gezeigt, wie adaptive Fertigungsstrategien die Verwendung von Altholz für Neubauten praktikabel machen können.

Materialität und Ausdruck
ReFrame macht die Qualitäten von wiederverwendetem Holz sichtbar. Die Struktur betont die Vielfalt des Materials und die Spuren seiner früheren Nutzung. Unregelmäßigkeiten werden zu einem prägenden Teil der Gestaltsprache.
Errichtet für die Klima Akademie im Rahmen des Das Fest Festivals in Karlsruhe im Juli 2025, dient ReFrame als temporärer Pavillon für Workshops und öffentliche Veranstaltungen. Besucherinnen und Besucher können hier zirkuläres Bauen hautnah erleben. Das Projekt zeigt, wie aus Abfallholz hochwertige und vielseitig nutzbare Bauteile entstehen. Damit regt es zu einer breiteren Diskussion über nachhaltige Zukunftsperspektiven in Architektur und Bauwesen an. ReFrame ist darauf ausgelegt, über mehrere Jahre hinweg wiederaufgebaut zu werden.
Galerie






Projektbeteiligte
Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – Fakultät für Architektur
Professur Digital Design and Fabrication (DDF): Tenure-track Prof. Moritz Dörstelmann, Daniel Fischer, Eszter Olah, Vincent Witt, Erik Zanetti, Mehrdad Zareian
Professur Design of Structures (dos): Prof. Dr.-Ing. Riccardo La Magna, Tamara Haußer
In Zusammenarbeit mit Studierenden der Fakultät für Architektur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT):Masa Alchekh Ali, Alina Sophie Behrend, Alexander Benzler, Gabriel Mateo Choque Claros, Simon Dattke, Florian Edelmann, Sandra Friedenauer, Elisabeth Fries, Emil Gassmann, Julian Glatz, Jonathan Herm, Fiona Köhler, Michelle Leber, Paulina Marlene Magin, Katharina Onigkeit, Andrea Petkova, Kristina Petkova, Domagoj Radic, Maren Reccius, Merle Rittershofer, Julia Roscher, Fabian Scheuermann, Niklas Walter
Bilder: @DDF_dos_KIT